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Leistungsbemessung nach Betriebsübergang

Das Bundesarbeitsgericht hat über die Bemessung von Leistungen nach dem Betriebsübergang – im dem zu entscheidenden Fall einer Direktzusage – entschieden. Dabei erwog das BAG die Anwendung von § 313 BGB, lehnte dies aber im Falle einer endgehaltbezogenen Betriebsrente ab.

In der Entscheidung des BAG drehte es sich um die Höhe einer von der Vorarbeitgeberin zugesagten Betriebsrente. Die Klägerin hatte bei der Vorarbeitgeberin eine Betriebsrente zugesagt bekommen, deren Höhe sich an dem Endgehalt vor Renteneintritt orientieren sollte. Geregelt war außerdem, dass „Abschlussgratifikation, Weihnachts-, Urlaubs- und Kindergeld und sonstige Zulagen (zum Beispiel Mehrarbeits- und Überstundengelder) […] bei der Feststellung des anrechenbaren Arbeitseinkommens unberücksichtigt [bleiben]“.

Später wurde das Weihnachtsgeld von der Vorarbeitgeberin anteilig auf zwölf Monate umgelegt. Auch ein weiterer Bonus wurde vor dem Betriebsübergang auf das Monatsgehalt umgelegt. Es wurde in dem Zuge vereinbart, dass die Erhöhung des Monatsgehalts aufgrund der Bonusumlage keine Auswirkung auf die Höhe der Betriebsrente haben soll.

Das Arbeitsverhältnis ging im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Die Klägerin schloss daraufhin neue Arbeitsverträge mit der Beklagten, in dem ein höheres Grundgehalt vereinbart wurde. Die Parteien stritten um die Bemessungsgrundlage der Betriebsrente. Die Arbeitgeberin war der Ansicht, das Gehalt könne nicht in voller Höhe berücksichtigt werden. Die Umlage des Weihnachtsgeldes und des Bonus müssten zur Kürzung des Gehaltes im Rahmen der Betriebsrentenbemessung führen.

Betriebsübergang: Vorsicht bei betrieblicher Altersversorgung

Das BAG sah für die Leistungsbestimmung das letzte Bruttomonatsgehalt ohne Kürzung als maßgeblich an. Das ergäbe die Auslegung der übergangenen Zusage sowie der nachfolgenden Vereinbarungen. Sowohl die ursprüngliche Zusage der Betriebsrente als auch die nachfolgenden Abreden zur Umlegung des Weihnachtsgeldes und des Bonus sind im Wege des Betriebsübergangs mit dem Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen. Die Umlagenabreden bezogen sich allerdings auf konkrete Änderungen der Gehaltsstruktur vor dem Betriebsübergang, die nach dem Betriebsübergang in der veränderten Vergütungsstruktur keine Entsprechung finden. Die Beklagte hat in dem neuen Arbeitsvertrag ein geändertes Bruttomonatsgehalt mit der Klägerin vereinbart, ohne besondere Gehaltsbestandteile für die Berechnung der Betriebsrente auszunehmen. Im Ergebnis sei daher das volle Monatsgehalt zu berücksichtigen. Der Erwerber trete nicht in die Zusage ein, „wie sie steht und liegt“, sondern so, wie sie zugesagt ist.

Anwendung von § 313 BGB nach Betriebsübergang denkbar

Das BAG erwog allerdings eine Anpassung nach § 313 BGB. Das BAG lässt hierbei – soweit ersichtlich erstmals in seiner Rechtsprechung – durchblicken, dass bei Leistungen deren Bemessungsgrundlage an Verhältnisse anknüpft, die beim Erwerber keine Entsprechung finden, die Bemessungsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB anzupassen ist. Dies ist zu begrüßen und wird in der Literatur auch für Leistungen außerhalb der betrieblichen Altersversorgung vertreten (Staudinger/Annuß (2022) BGB § 613a, Rn. 164).

Dieser Gedanke kann insbesondere für die Mitarbeiterbeteiligung, die regelmäßig an bestimmte Unternehmenskennzahlen anknüpft und damit in aller Regel nicht ohne weiteres auf den Betriebserwerber übertragen werden können, oder etwa unternehmensspezifische Vergütungsregelungen, wie insbesondere Tantiemen und Aktienoptionen, aber auch Mitarbeiterrabatte oder -deputate, fruchtbar gemacht werden. Es bleibt abzuwarten, ob das BAG diesen Gedanken an geeigneter Stelle aufgreift und fortführt.

Im vorliegenden Fall lehnte das BAG eine Anpassung aufgrund „Störung der Geschäftsgrundlage“ ab, weil die Pensionszusage auf das „Endgehalt“ Bezug nahm und auch von der Erwerberin ein Bruttomonatsgehalt geschuldet ist, das als Bezugnahme in Betracht kommt.

Praxishinweise:

  • Die Entscheidung des BAG verdeutlicht erneut die gebotene Vorsicht, die im Rahmen eines Betriebsübergangs an den Tag gelegt werden sollte. Insbesondere die betriebliche Altersversorge birgt hier erhebliche (finanzielle) Risiken. Der Betriebserwerber tut gut daran alle Formen der Vergütung und alle Zusagen der betrieblichen Altersversorgung umfassend auf den Prüfstand zu stellen.
  • Anders ist die Situation beim Betriebsübergang aus der Insolvenz. Hier haftet der Erwerber nicht für diejenigen Betriebsrentenansprüche, die in der Zeit vor Insolvenzeröffnung entstanden sind. Soweit diese Ansprüche bei Insolvenzeröffnung bereits unverfallbar waren, ist der Pensions-Sicherungs-Verein eintrittspflichtig.

Entscheidungen:

  • BAG, Urteile vom 9. Mai 2023 – 3 AZR 174/22 und 3 AZR 279/22